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3 MINUTEN MIT ZBINDEN

Kapitel 25

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Das Erdbeeri Mareili

 

Als klar war, dass die Büchergilde

Gutenberg nach ersten, einzelnen

Gotthelf-Büchern eine mehrbändige

Ausgabe herausgeben wollte, konnte

Emil Zbinden „ganz anders arbeiten:

Nun hatte ich die Möglichkeit, Zeit für

diesen Auftrag zu investieren, Studien zu

betreiben, mich intensiv mit den Texten

und den beschriebenen Landschaften

auseinanderzusetzen. Mit dem Velo und

zu Fuss suchte ich die Schauplätze der

Geschichten und Romane Gotthelfs auf.

Zu meiner Überraschung musste ich

feststellen, dass auch Gotthelf genaue

Studien an Ort und Stelle getrieben hatte.

Vieles, das er beschrieben hatte, erkannte

ich fast unverändert wieder.“ (1)

 

Das ist auch im 14. Band,

„Das Erdbeeri Mareili“, ersichtlich.

 

Die Geschichte ist eine Rahmenerzählung.

Beim Tod des Erdbeeri Mareili wird der

Gerichtsäss Peter Hasebohne, Hase-Peter

genannt, zum „Versiegeln“ in den

Tschaggeneigraben gerufen. Er wird dann

gebeten, dem Pfarrer den Tod zu melden.

Der Pfarrer erzählt ihm beim

Pfeifenrauchen und Weintrinken das

Leben des Erdbeeri Mareili.

 

Von sieben Holzstichen

wählen wir fünf aus:

 

1

Das Erdbeeri Mareili im

Tschaggeneigraben auf dem Weg zu

seinen Erdbeeren. Es pflückt nur die reifen

Früchte, die ersten auf der Sonnen-,

die letzten auf der Schattenseite.

 

2

Das E. ruht sich aus, schläft ein, träumt.

Einmal begegnet ihm sein „Engel“.

 

3

Als die Mutter schwächlich wird und nicht

mehr selbst die Erdbeeren zu den Leuten

bringen kann, übernimmt das E. auch

diese Seite der Arbeit fürs Überleben.

Aber nicht bei allen Leuten, bei denen es

anklopft, ist es willkommen.

 

Dazu eine Textstelle

aus der Erzählung (2):

 

... denn mit seinen Kunden stund es

nicht bloss in einem Erdbeeriverkehr,

sondern in einem gemütlichen,

sie waren so gleichsam seine Freunde und

Verwandte.

 

Sein Elend half ihm nicht von den

Erdbeeren,

es musste seinen Ring weiter schlagen,

musste zu neuen Häusern,

sogar vor Wirtshäuser.

Diese waren ihm in der Regel

am meisten zuwider,

da fiel es in die Hände der Köchinnen

und Stubenmägde,

die gar zu gerne schnöde und schnippisch

mit den Leuten umgehen,

besonders mit Erdbeerimeitscheni.

 

Mareili fürchtete sie auch mehr

als die grossen Hunde

vor den neuen Häusern,

von denen es noch nicht wusste,

aus welchem Ton sie bellen.

So setzte es endlich wohl etwas

von Erdebeeren ab,

doch langsam und mit Verdruss

statt mit Freude.

Wenn es vor dem Gschänden

nicht einen so grossen Grausen gehabt

und die Erdbeeren dafür ihm nicht

zu lieb gewesen wären,

es hätte sie hinter den Zaun geschüttet

und wäre heimgelaufen.

 

4

Nach dem Tod der Mutter wird das E.

Bedienstete im Herrenhaus seines

„Engels“.

Als auch die Herrin stirbt, kann das E.

das Haus im Tschaggeneigraben

mit dem Ererbten kaufen.

Drei Generationen Mädchen

können bei ihm erwachsen werden.

 

Gotthelf kannte die Landschaften

und die Leute des Emmentals.

Auch Emil Zbinden zeichnete vor Ort.

Das Erdbeeri Mareili, so wird vermutet,

habe zuhinterst im Biembachtal im

Egggraben gelebt, der in der Erzählung

zum Tschaggeneigraben wurde.

 

Wir hatten die Gelegenheit, die heutigen

Bewohner des Egggrabens zu besuchen.

Christian Siegenthaler, Mitglied des

FöVEZ, machte uns mit Simon und

Beatrice Röthlisberger bekannt.

Der Weg zum letzten Hof im Tal, wo sich

ab und zu auch Hirsche zeigen, wurde uns

im Auto leicht gemacht. Wir versuchten

aber, uns die langen und steilen Wege

eines Erdbeeri Mareili in einer

vorindustriellen Zeit vorzustellen.

 

Letztes Jahr ist ein Buch

herausgekommen, das die historischen

Grundlagen des Hofes im „Egggraben“

dokumentiert, geschrieben vom heutigen

Eigentümer. (3)

 

Herzlichen Dank an:

Christian Siegenthaler und

Beatrice und Simon Röthlisberger

 

Dieses Kapitel der „3 Minuten“

ist allen „Meitscheni“ gewidmet,

die im heutigen Detailhandel

Waren jeglicher Art zu verkaufen haben,

immer wieder auch Erdbeeren im Winter.

 

pst

 

(1) Emil Zbinden. Zeichnungen, Druckgrafik

Herausgegeben von der Stiftung

«Kunst auf dem Lande»,

Langnau o.J. (ca. 1986), S. 15

 

(2) Gotthelf, Jeremias.

Werke in 16 Bänden

Mit Holzstichen von Emil Zbinden

Zürich, Büchergilde Gutenberg, o. J. (1937-1953),

Band 14, S. 32

 

(3) Simon Röthlisberger. Egggraben.

Eine Insel im Emmental. Langnau 2024

Nachlassbetreuung und Copyright der Werke:

 

Katharina Zbinden-Bärtschi und Samuel Zbinden, Eigerstrasse 60, CH-3007 Bern

sam_zb@bluewin.ch

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Letzte Aktualisierung: 06.04.2025

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